Hat die Zukunft schon begonnen – oder erst 2017?

Es ist gar nicht so einfach, jedes Jahr zehn neue Megatrends in der Informationswirtschaft zu identifizieren. So schnell entwickelt sich nicht einmal diese Branche vorwärts. Und: je komplexer Megatrends wie Internet der Dinge, Big Data oder Cloud Computing sind, desto langsamer erfolgt ihre Umsetzung – vor allem im Mittelstand.

Doch ohne die nächsten zehn ganz großen Dinger wäre die Gartner ITXpo im floridaischen Orlando nicht die Gartner ITXpo. Bemerkenswert ist jedoch dieses Mal, welcher Trend nicht zu den zehn ganz großen gehört: Cyber Security! Haben wir aufgegeben, uns zu schützen, weil Hacker Hekatomben verursachen können. Der Wahlkampf in den USA macht deutlich, dass nichts und niemand vor den Angriffen aus dem Alltag der Cyberkriminellen sicher zu sein scheint.

Dabei werden wir immer verwundbarer – wenn man die aktuellen Trends auf sich wirken lässt:

Trend #1: Dass Künstliche Intelligenz Maschinen dazu befähigen kann, aus dem Verhalten ihrer Umgebung zu lernen, ist eigentlich nichts Neues. Neu ist aber das Ausmaß, in dem künftig die uns umgebenden Geräte mit dieser Fähigkeit ausgestattet sein sollen. Dabei steckt die Lernfähigkeit nicht in der Maschine selbst, sondern irgendwo in der Cloud. Was ein Gerät lernt, könnten alle verbundenen Geräte nutzen.

Trend #2: Was für Geräte gilt, trifft auch – oder sogar noch eher – auf die Software zu. Schließlich ist es die Software, die Geräte zu lernenden Systemen macht. Aber wenn sich Apps oder virtuelle Assistenten auf unserem Smartphone künftig ebenfalls an unserem Verhalten orientieren, können wir sie besser für unsere Zwecke einsetzen. Oder sie uns?

Trend #3: Nicht direkt intelligent, aber ihrer Umwelt bewusst werden Gegenstände durch Sensoren und die Vernetzung mit anderen Dingen. Im Ergebnis können sich Gegenstände des täglichen Bedarfs koordiniert und scheinbar intelligent verhalten – zum Beispiel, indem sie Licht nur dort einschalten, wo auch Menschen sind, oder den Verkehr nur dort regeln, wo auch Verkehr zum Regeln vorhanden ist.

Trend #4: Virtuelle Realität wird heute vor allem mit Computerspielen in Verbindung gebracht. Dann gibt es noch die Bilder von Designern, die mit ihren 3D-Brillen vor einem Fahrzeugmodell stehen und etwas sehen, was wir nicht sehen. Zwar führt die erweiterte Realität (Augmented Reality) nicht unbedingt zur Bewusstseinserweiterung, aber vielleicht zu mehr Erkenntnis, wenn es durch diese Technik schneller und besser gelingt, durch große Datenmengen zu navigieren. Schon heute gilt, dass jede gute Grafik mehr Erkenntnis bringt als die Tabelle, auf deren Daten sie beruht.

Trend #5: Wer unter digitalen Doppelgängern die Suche nach einem zweiten Selbst versteht, liest zu viel Science Fiction. Tatsächlich aber erwartet Gartner, dass digitale Doppelgänger von Maschinen und Dingen besser dabei helfen können, Wartungsarbeiten zu planen oder Einsatzmöglichkeiten zu erweitern. Wenn der Daten-Doppelgänger voraussagen kann, wann ein Teil verschleißt, kann man die Maschine rechtzeitig ausbessern.

Trend #6: Blockchain, die manipulationssichere Basis für Kryptowährungen, tritt bereits einen Siegeszug unter Fintech-Apps und Banken-Services an. Doch, so mutmaßt Gartner, wenn sich das Verfahren weiterhin als vertrauenswürdig erweisen sollte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass praktisch alle Finanzanwendungen darauf zurückgreifen. Dann gäbe es vielleicht sogar ein einziges cloud-basiertes Hauptbuch für Soll und Haben – wie beim Nikolaus…

Trend #7: Chatbots werden nicht nur als sprechende virtuelle Assistenten ihren Einsatz finden – sie sind sozusagen die Schnittstelle schlechthin, die Maschinen dazu befähigt, unsere Befehle zu verstehen und auszuführen. Die Zeiten wären endlich vorbei, in denen wir – wie es im Sprachgebrauch entlarvend heißt – „den Computer bedienen müssen“.

Trend #8: MASA – oder: Mesh App and Service Architecture – ist die Vorstellung, dass eine Vielzahl von Anwendungen eine Reihe von zentralen Basisdiensten nutzt – beispielsweise Sprachdienste oder die ultimative Art und Weise der Buchhaltung. Oder sie könnten einen gemeinsamen Datenpool nutzen – wie die Wissensbasis medizinischer Veröffentlichungen. So würden nicht nur Anwendungen schnell zusätzliche Funktionen übernehmen können – ihre Funktionsweise würde auch international standardisiert werden können.

Trend #9: Wer schon bei MASA an die Matrix oder den Sprawl denkt, der wird spätestens mit der „Digital Technology Platform“ an den großen, vereinheitlichten Cyberspace denken: alle künftigen Anwendungen und Dienste beruhen nach Ansicht der Gartner-Forscher auf praktisch ein und derselben Technologieplattform, die aus Informationssystem, Benutzer-Schnittstelle, Analyse- und Auswertungsfunktionen, dem Internet der Dinge und dem Branchen-Ökosystem besteht.

Trend #10: Und dann doch noch Sicherheit: zu den Basisdiensten, die diese vereinheitlichte Plattform zur Verfügung stellen sollen, gehört auch die Adaptive Security Architecture, die höchste Sicherheitsstandards für alle Anwendungen zentral liefern soll. Der Vorteil: Dann muss man nur noch diese zentrale Plattform hacken, um an alles dranzukommen. Was für eine Effizienzsteigerung.

Und das alles soll schon 2017 Wirklichkeit werden! Geht es Ihnen nicht auch so? Man kann bei allem, was wir uns für die nächste und ferne Zukunft vorstellen, schon nicht mehr unterscheiden, ob es Perzeption ist oder Realität oder – Satire.

Avatare für Deutschland

Um das gleich klarzustellen: dieser Text wurde von einem Menschen verfasst. Weder Siri, noch Cortana oder Alexa haben mir dabei geholfen. Auch Samantha oder Nessa waren nicht beteiligt. Nessa? So hieß das digitale Abbild von „Vanessa“ im Tatort von gestern, der gewissermaßen den szenischen Auftakt für die Diskussion über eine Arbeitswelt von morgen gab, in der Anne Will Sachverstand von Sascha Lobo bis Bernhard Rohleder vom bitkom über die Computer- und Roboterwelt der Zukunft einholte.

Es hat den Anschein, als sollten Chatbots – also kleine Programme, die menschliche anmutende Interaktion (oder zumindest Kommunikation) vortäuschen – eine imaginär gezogene rote Linie überschritten haben. Während die Übernahme physischer Tätigkeiten durch Roboter bereits für viele fragwürdig genug ist, scheint die Automatisierung von kreativen oder assoziativen, in jedem Fall aber scheinbar intellektuellen Aufgaben für die meisten nicht hinnehmbar zu sein. Eliza, das erste Sprachkommunikation simulierende Computerprogramm des KI-Pioniers Marvin Minsky, ist zwar genau 40 Jahre alt, hat aber offenbar noch nichts von seiner verstörenden Wirkung verloren.

Doch sind Entwicklungen in der Tat verstörend, wie sie sich in der jüngsten Vergangenheit in der Ukrainekrise, bei der Brexit-Debatte oder jetzt im US-amerikanischen Wahlkampf zeigen: Hier haben sogenannte Social Bots massenhaft Meinungsbeiträge, zustimmende oder ablehnende Stimmungsäußerungen auf Twitter und Co. verbreitet – und damit offenbar steuernd in die Meinungsbildung der Menschen eingegriffen. Forscher der Universität Oxford zählten nach der letzten „Presidential Debate“ in Las Vegas zwar 1,8 Millionen positive Tweets für Donald Trump – immerhin dreimal so viele wie für Hillary Clinton –, aber ein Drittel der Meinungsäußerungen gingen auf die Aktionen von Social Bots zurück, die auf den Hashtag „#TrumpWon“ reagiert hatten. Auch bei Clinton war nach Ansicht der britischen Forscher jeder fünfte Text ein Fake. Facebook nannte auf Anfrage die Zahl von 15 Millionen Accounts, die vermutlich für Bots in dem sozialen Netzwerk eingerichtet worden seien.

Da kann es nicht überraschen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel im Angesicht der kommenden Bundestagswahl vor diesen Auswüchsen warnt. „Wol­len wir mal zwi­schen den Par­tei­en dar­über sprechen, ob wir ge­mein­sam da­ge­gen kämp­fen?“, hatte sie auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in die Kameras gefragt. Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Linken reagiert prompt – über die etablierten Medien – und erklärten, keine Avatare für Deutschland einzusetzen. Die AfD hingegen gab zu verstehen, dass man hier keine Hemmungen habe.

Wie groß das Beeinflussungspotential sein könnte, hat Simon Hegelich von der Technischen Universität München im Auftrag der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung ermittelt. Zwar gaben 95 Prozent der Befragten an, sich von Meinungsäußerungen in den sozialen Medien nicht beeinflussen zu lassen – also auch nicht von Beiträgen, die von Menschen aus Fleisch und Blut gepostet werden. Aber die Vorstellung, dass sich fünf Prozent der Wähler von einem Algorithmus beeinflussen lassen könnten, der auf Hashtags wie „#Merkelmussweg“ oder „#Schwarzrotgoldistbuntgenug“ reagiert, ist schon irritierend.

Dabei sind Bots oder Chatbots wahrscheinlich die nächste Generation von Apps, mit denen es möglich wird, Konversation als wichtigste Schnittstelle zwischen Menschen und Maschinen zu etablieren. Cortana oder Siri sind – so simpel sie heute noch funktionieren – die Prototypen von „Conversation as a Service“, die nicht dafür gedacht sind, Menschen über ihre gefühlte Einsamkeit hinwegzutäuschen, sondern Suchanfragen an die Cloud und daraus folgende Dienstleistungen zu eröffnen. Heutige Online-Systeme funktionieren einfach besser, wenn sie in der Lage sind, aus einer Spracheingabe angemessene Aktionen auszulösen wie die Bereitstellung von Informationen, die Reservierung von Restaurants und Hotels, Planung von Reisen oder Terminierung von Meetings. Längst hat der Wettlauf zwischen den IT-Konzernen darüber begonnen, Plattformen für die Erstellung von Bots als zukünftige Benutzeroberfläche bereitzustellen.

Bots als kleine Helferlein in einer digitalisierten und automatisierten Welt sind an sich kein Teufelswerk. Dazu werden sie – wie immer – erst durch den Einsatz der Menschen. Und genau hier müssen wir unterscheiden lernen – und Standards setzen, die einen Missbrauch verhindern. Dazu braucht es erst einmal eine öffentliche und offene Debatte über Risiken und Nebenwirkungen der digitalen Transformation. Man sei möglicherweise dabei, ein historisches Dokument zu produzieren, warnte Christian Lindner, derzeit als Fraktionsvorsitzender der FDP im nordrhein-westfälischen Landtag in Warteposition für höhere Aufgaben. In 30 Jahren würden sich die Menschen der nahen Zukunft die Debatte bei Anne Will reinziehen, um sich über die sonderbaren Ängste der Menschen des Jahres 2016 schlapp zu lachen, die vor den Auswirkungen der Digitalisierung und Automatisierung großer Teile unseres Lebens zurückschreckten.

Da mag es beruhigend wirken, dass die ARD als Begleitung ihrer Themenwelt über die Arbeit von morgen einen „Job-Futuromat“ ins Web gestellt hat, den man danach befragen kann, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf das eigene Jobprofil haben könnte. Unternehmensberatern wird darin die Auskunft erteilt, dass der Job zu 13 Prozent durch digitale Systeme automatisiert werden kann. Publizisten sind demnach zu 100 Prozent unersetzbar. Was für ein Glück – den Bonnblog gibt es also weiter von mir ganz alleine. Der eine oder andere gute unternehmerische Rat könnte allerdings dann doch von einem Bonnbot kommen.

 

Nachhaltiges Cloud-Geschäft

Das ist doch mal eine Ansage: Mit einem zwischenzeitlichen Rekordhoch von 60 Dollar pro Aktie honorierten die Anleger Ende vergangener Woche Microsofts Quartalszahlen. Denn nicht weniger als den erfolgreichen Turnaround vom „nicht mehr relevanten“ Anbieter von PC-Software zum „coolen“ Cloud-Player demonstrierten die vorgelegten Zahlen: Der Umsatz mit Diensten aus dem Netz stieg um acht Prozent auf 6,4 Milliarden Dollar, das Geschäft mit der Cloud-Plattform Azure verbesserte sich sogar um sagenhafte 116 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Der Erfolg spricht für Satya Nadella, der nach der Übernahme des Chefsessels in Redmond die Cloud-Strategie zur Chefsache und ihr nahezu alle Budget-Planungen unterworfen hatte. Es sieht so aus, als sollte sich diese Strategie sehr schnell auszahlen…

…wenn auch noch nicht in Deutschland, wo die Investitionen in sichere Treuhand-Rechenzentren zwar hoch sind, die Rendite aber noch ausbleibt. Das könnte daran liegen – wie Nadella jetzt dem Spiegel gestand –, dass hierzulande die weltweit bewährte Argumentation für die Migration in die Cloud nicht so gut fruchtet. Der Dreiklang, angestimmt von den IT-Musen „Kostensenkung“, „Skalierbarkeit“ und „Sicherheit“, verhallt bislang im deutschen Mittelstand ungehört. Die global operierenden Konzerne hingegen, die schon wegen ihrer weltumspannenden Aktivitäten eine Affinität für die Cloud-Infrastruktur entwickeln, tendieren eher zu ihrem Haus- und Hof-Lieferanten SAP. Dem bescherte jetzt die erfolgreich umgesetzte Cloud-Strategie eine zwischenzeitliche Marktkapitalisierung von mehr als 100 Milliarden Euro.

Aber der nachhaltige Erfolg wird in Deutschland vor allem dann erreicht, wenn es gelingt, den Mittelstand zu überzeugen. Der investiert aber nur, wenn er einen direkten praktischen Nutzen und damit eine schnelle Amortisation erkennt. Der Austausch der bestehenden IT-Landschaft durch eine Cloud-Infrastruktur ohne zusätzlichen Mehrwert holt den mittelständischen Unternehmer nicht hinter seinem Schreibtisch hervor. Was er will, ist eine Verbesserung seiner Position in der Nische, die ihn ernährt.

Das scheint Microsoft jetzt erkannt zu haben. Auf der Deutschen Partnerkonferenz in Bremen, die kurz vor der Bekanntgabe der erfreulichen Quartalszahlen über die Bühne ging, wurde die Sicht auf den Markt um 90 Grad gedreht. Statt weiter der horizontalen Verkaufsargumentation zu frönen, besannen sich die Partner auf ihre vertikalen Tugenden: Branchenkenntnis, Mehrwert durch hybride Lösungen aus klassischer IT und Cloud-Services sowie Spezialisierung auf innovative Prozesse. Das Credo: Die Cloud ist einfach zu schade für „Opas Software“. Ihr Charme liegt in Lösungen, die mit der herkömmlichen IT-Landschaft nicht zu machen wären.

Und das sind insbesondere Geschäftsprozesse, die die Kommunikation mit dem Markt betreffen – mit Lieferanten, Kunden und den Kunden der Kunden. Zwar vollzieht sich die digitale Transition der industriellen Produktion und der Dienstleistungen derzeit noch mit Trippelschritten. Aber ohne die Cloud ist die Umsetzung des „Internet of Things“ einerseits, in dem Maschinen untereinander und mit dem Menschen kommunizieren, und des „Internet of Tings“, in dem Nutzer ihre Meinungen, Deutungen, ihr Kaufverhalten und ihre Produktwünsche in Freundeskreisen teilen, nicht zu haben. Dies kann aber nur gelingen, wenn Innovationen in der Cloud zu Investitionen im Mittelstand führen.

Deshalb sollen Partner auf der Basis von Dynamics 365 und Office 365 neue, zeitgemäße Lösungen entwickeln. Neue Ideen braucht das Land. Für einen internen Ideenwettbewerb wurde schon mal eine – natürlich Cloud-basierte – Sammelstelle für Partner eingerichtet. Microsoft geht es um nicht weniger als die Wiederentdeckung, wenn nicht Neuerfindung des Unabhängigen Softwareherstellers (Independent Software Vendor), der mit seinen vertikalen Lösungen den Markt für Cloud-basierte Dienstleistungen aufrollt.

Das hat in Deutschland schon immer gut funktioniert. IBM konnte über Lösungen ihr Mittelstandsystem AS/400 erfolgreich vermarkten. SAP hatte mit Partnerlösungen rund um R/3 großen Erfolg. Und Microsoft konnte seine ERP-Anwendungen durch Partnerlösungen vertikalisieren. Jetzt soll das erneut gelingen, um aus dem schnellen Markterfolg mit der Cloud ein nachhaltiges Geschäft aufzubauen. Am Ende freut das auch den Mittelstand.

 

CEO und CMO – das digitale Duo

Nahezu wöchentlich erscheint eine Studie über die Frage, inwieweit und wie weit der Mittelstand die Herausforderungen der anstehenden digitalen Transition zur Kenntnis nimmt oder bereits angeht. Dabei wird meist großzügig darüber hinweg gesehen, dass eine Cloud-Schwalbe noch lange keinen digitalen Sommer macht. Der Unterschied zwischen der Bereitschaft, bestimmte Geschäftsprozesse künftig ein bisschen digitaler zu gestalten, und der Fähigkeit, in digitalen Dimensionen zu denken und zu leben, ist immer noch immens.

Das mag auch daran liegen, dass die digitale Transition eigentlich ein Waisenkind ist. Nach einer Analyse der US-amerikanischen Marktforscher von Cognizant gibt es keinen eindeutigen Treiber für den Aufbruch ins digitale Jahrtausend. Obwohl man unterstellen sollte, dass die Ausarbeitung einer umfassenden und alle Aspekte des Unternehmens und seiner Marktkommunikation berücksichtigenden Digitalstrategie absolute Chefsache ist, haben lediglich 42 Prozent der Unternehmen angegeben, dass der Chief Executive Officer der eigentliche Sponsor der Transition ist.

Interessant ist aber auch, dass die operativen Ebenen – die durch den Chief Operating Officer und die Manager der zweiten Ebene repräsentiert werden – praktisch keine Rolle beim Aufbruch in die Zukunft spielen. Obwohl sie die von einer Veränderung der Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle direkt Betroffenen sind, gehen bei nicht einmal 15 Prozent der Projekte die Impulse von den Pragmatikern aus. Das könnte auch erklären, warum die – meist für ihren pragmatischen Ansatz („never change a running system“) gerühmten – Chief Information Officer ebenfalls kaum als digitale Dirigenten in Erscheinung treten. Lediglich jeder vierte Transitionsprozess wird von ihnen geleitet. Nach dem Grund für ihre Zurückhaltung befragt, beklagten die IT-Chefs, dass sie weder durch die Unternehmensleitung, noch durch die operative Ebene Unterstützung für die Formulierung und Durchsetzung einer Digitalstrategie erfahren.

Dabei gibt es Manager-Paarungen, die sich besonders gut für den Aufbruch nach Digitalien eignen. Klassisch ist die Kooperation zwischen CIO und CFO – zwischen dem Herrscher über den Datenstrom und dem Herrscher über den Wertefluss. Mehr als die Hälfte aller Projekte werden durch dieses Duo protegiert. Beide organisieren die Digitalisierung von den klassischen Designzielen Effektivität, Rationalisierung, Kostensenkung her. Dabei geht es für den einen darum, den manuellen Arbeitsaufwand und damit die Fehlerquote zu reduzieren, während der andere die Liquidität besser steuern, vorauseilend die Ausgaben und Einnahmen planen und jederzeit über den aktuellen Stand der Dinge informiert sein möchte.

Gestaltende Planung mit Blick auf ein digital gelebtes Unternehmertum könnte jedoch dann entstehen, wenn sich der CEO mit dem Marketingchef über eine gemeinsame Zukunftsstrategie einig wird. Denn ein Großteil der Digitalstrategie speist sich aus den Überlegungen, wie ein Unternehmen künftig mit seinen Kunden, Lieferanten und anderen Marktteilnehmern kommunizieren will. Dabei geht es nicht mehr darum, Aussagen gegenüber dem Markt zu treffen, sondern vielmehr darum, Aussagen aus dem Markt zu erhalten, um schnell und zielgerichtet darauf reagieren zu können.

Allerdings gibt es im Marketing eine Menge aufzuholen, um tatsächlich über eine eigene – wenn nicht sogar eigenständige – digitale Infrastruktur zu verfügen, die die Kommunikationen zum und vom Markt erfassen, bündeln, auswerten und umsetzen hilft. Treibende Kraft sind dabei die Endverbraucher, also möglicherweise die Kunden der Kunden. Ihr Suchverhalten im Internet, ihr Customer Feedback zu Produkten und Marken, ihr Kaufverhalten bei immer zahlreicher werdenden Vertriebskanälen führt zu einem breiten Datenstrom, den sich das Marketing zunutze machen muss, um nach innen in die eigene Organisation die richtigen Impulse für die Produktionsplanung, die Produktgestaltung und die Markenpositionierung zu geben.

In der Tat: Jeder Teilnehmer im Wirtschaftsprozess produziert inzwischen einen Digitalen Halo um sich herum, eine Atmosphäre aus Informationen über sein Kauf- und Kommunikationsverhalten, an dem jedes Unternehmen interessiert sein muss. Diese Informationen sind übrigens die Haupteinnahmequelle von Google und anderen und der Grund dafür, warum wir im Internet so schöne und teure, für uns aber kostenlose Dienstleistungen genießen. Wir zahlen mit den Daten über uns und unser Verhalten. Sie sind eine wertvolle Währung – aber nur für die Unternehmen, deren Blick für diesen Digitalen Halo geschärft ist. Das digitale Duo aus CEO und CMO kann für die richtige Optik sorgen.