Die “IFA-CeBIT-Home-Consumer-Electronics-Gamescom-Industrie-4.0-IAA”-Messe

Wer dem digitalen Wandel als Ausstellungsstück entgehen will, der muss schon auf eine Antiquitätenmesse gehen. Dort wenigstens stehen die Dinge nur herum, ohne von ihrer Umgebung Kenntnis zu nehmen. Ansonsten werden an den Messestandorten in Köln, Frankfurt, Hannover, Berlin oder München nur noch Umweltdaten gemessen, analysiert, für Entscheidungen aufbereitet oder zum selbsttätigen Handeln genutzt – mobil oder stationär, mit künstlicher Intelligenz aus der Cloud oder in der Maschine selbst. Nichts kann einfach nur das sein, was es Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte lang war: ein monofunktionales Ding.

Diejenigen, für die ein Thermomix noch immer ein ziemlich raffiniertes Stück Technologie ist, seien auf die jüngste Messeneuheit verwiesen, die der Küchenspezialist Miele auf der IFA in Berlin vorstellte: einen „Dialoggarer“ genannten Tausendsassa, der mit Mikrowellen im GSM-Bereich ein Stück Fleisch in einer Eishülle garen kann, ohne dass das Gefrorene Schaden nimmt. Sensoren analysieren das Opfer und senden Mikrowellen mit genau der Frequenz, auf die das Zielobjekt anspringt. Und gleichzeitig wird anhand einer Energiebilanz aus gesendeter und abgestrahlter Energie ermittelt, wann der Braten fertig ist. Und weil der Dialoggarer mit unterschiedlichen Frequenzen auch verschiedene Lebensmittel zeitgleich zum Garpunkt bringen kann, lassen sich auch komplizierte Gerichte à la minute herstellen.

Der Dialoggarer führt seit letzter Woche meine interne Bestenliste der Dinge an, die durch Digital-Technologie völlig neue Einsatzmöglichkeiten oder Geschäftsmodelle eröffnen. Er steht in einer Reihe mit dem autonom fahrenden Elektrofahrzeug, der Barbie Digital Dress Doll, dem Lieferroboter, der Logistik-Drohne oder einem digitalen Assistenten. Sie alle sind Game-Changer, nach denen nichts mehr so ist, wie es war. Und natürlich sind oder waren sie alle Messe-Highlights in ihrer Kategorie.

Wenn aber alle Lebensbereiche und Branchen über den digitalen Kamm geschoren werden, dann wird es für die Messeplaner immer schwieriger, ihre Konzepte klar voneinander abzugrenzen. Die IFA, einst als Internationale Funkausstellung gestartet, ist die Plattform für Unterhaltungs- (braune Ware) und Gebrauchs-Elektronik (weiße Ware), greift damit aber auch tief in die Domäne der Consumer Electronics Show in Las Vegas ein, auf der wiederum so viele Fahrzeughersteller ausstellten, dass sie auch gut eine IAA im Wüstenstaat hätte sein können. Und alle greifen mit ihren Vorstößen in die Computer- und Kommunikationstechnik die CeBIT in Hannover an, die wiederum den zunehmenden Wettbewerb der Industriemesse zu spüren bekommt. Und dort, wo die virtuelle Realität die Spielewelt ebenso wie die Forschungsabteilungen der Industrieunternehmen revolutioniert, rückt auch die Gamescom aus ihrem Exoten-Dasein in die Mitte der Digitalmessen.

Dabei sind es nicht nur die Exponate, die nach den gleichen digitalen Grundregeln ticken, mit denen die Differenzierung der Messen immer schwieriger wird. Auch die Präsentationskonzepte selbst entfremden sich durch die Digitalisierung immer weiter von den klassischen Messen. Der Showroom mit virtueller Erlebniswelt, in den die Auto-Händler immer stärker investieren, steht den Multimedia-Shows auf der Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt kaum noch nach. Webinare bringen die Inhalte von Unternehmenslösungen mindestens so gut rüber wie eine Demo auf der CeBIT. Hausmessen sind in ihrer Digitalausstattung nicht weniger attraktiv als die großen Branchen-Schauen.

Doch Messen sind und bleiben Veranstaltungen mit einer Attraktivität, die sich bei VR-Shows und Hausmessen nur schwer einstellt: sie sind Branchen-Treffpunkte für Hunderttausende von Insidern, die sich nicht nur über Produkte und Investments informieren, sondern sich auch über Karrieretrends und Marktentwicklungen austauschen. Deshalb verzichtet kaum eine Messegesellschaft darauf, ihre Fachmesse mit einem Kongress anzureichern, Sondershows einzugliedern und nicht zuletzt den Eventcharakter herauszustellen: mit Unterhaltungsprogramm, Stars und der Hoffnung auf gutes Wetter. So setzen vor allem die Hannoveraner auf eine CeBIT Reloaded im Sommer 2018 mit Freiluftbühnen und ShowBiz. Das hat durchaus etwas Versöhnliches: wenn die Digitalisierung die Menschen von ihren Monitoren weg und an die frische Luft lockt.

 

Verbandskasten

Die Digitalisierung ist immer und überall! Sie betrifft alles und jeden. Weil sie überall greift und angreift, kann sich ihr niemand entziehen. Es gibt praktisch keinen Lebensbereich mehr, in dem man nicht irgendwie Stellung beziehen muss über das Ausmaß und die Wirkungsweise der Digitalisierung. Man konnte vor zwei Jahrhunderten völlig unbeeindruckt von der Dampfmaschine weiter leben, vor 100 Jahren auch ohne Elektrifizierung arbeiten, vor 50 Jahren auch ohne Großrechner erfolgreich sein oder vor 25 Jahren auch ohne das Internet am Weltgeschehen teilnehmen. Doch selbst wer heute auf Smartphone, Computer oder soziale Vernetzung verzichtet ist dennoch ein zumindest passiver Player in der digitalen Welt.

Wenn aber die Digitalisierung in die Zuständigkeit von jedem Einzelnen fällt, dann ergibt auch ein zentrales Ressort für die Digitalisierung keinen Sinn. Gerade weil die Digitalisierung Themen der inneren Sicherheit und juristische Implikationen nach sich zieht, weil sie einen Infrastrukturausbau verlangt und unser wirtschaftliches Gefüge berührt, gibt es in der jetzigen Bundesregierung gleich vier Ministerien, in denen die Digitalisierung beheimatet ist. Und eigentlich sollten es sogar viel mehr sein: die Veränderungen in der Arbeitswelt betreffen das Ministerium für Arbeit und Soziales, die geforderte Bildungsoffensive das Bildungsministerium, die Digitalisierung des Gesundheitswesens das Gesundheitsministerium und nicht zuletzt sind das Außen- und Verteidigungsministerium mit der zunehmenden Digitalisierung unserer Außenbeziehungen befasst. Wie auch immer die neue Bundesregierung aussehen wird – die Digitalisierungsbranche bekommt es mit immer mehr Ansprechpartnern zu tun. Kein Wunder also, dass beispielsweise der IT-Verband Bitkom sich einen zentralen Ansprechpartner in der Politik wünscht und deshalb ein Digitalisierungsministerium fordert.

Aber ist der Bitkom, der sich selbst auch gerne als Hightech- oder Digitalverband titulieren lässt, denn noch selbst der alleinige oder zumindest dominierende Fürsprecher der Digitalisierungsbestrebungen? Anders als bei der Computerisierung geht die Digitalisierung heute nicht von einer Gruppe von Anbietern aus, sondern von den Anwendern, die überhaupt erst einmal eine Digitalstrategie mit Blick auf ihre Branche und ihre Geschäftsmodelle entwickeln müssen, ehe sie an die Umsetzung gehen können. So beschäftigen Versicherungen mehr Softwareentwickler als die meisten Softwarehäuser, weil ihr Produkt ganz wesentlich auf Berechnungsverfahren für Risiken und Margen beruht. Ein Maschinenbauer reichert sein Produkt durch Steuerungen und Sensoren an, ein Automobilbauer seine Modelle durch Fahrassistenzsysteme und Infotainment-Anlagen. Und auch die Gesundheitsdienstleister optimieren ihren Service durch elektronische Patientenakten, verbesserte Kommunikation und Big Data-Analysen. Und umgekehrt sind viele Startups von heute gar nicht so sehr mit der Entwicklung von Software befasst, als vielmehr mit der Digitalisierung und Umwälzung eines Geschäftsprozesses. Und so verwischt die Grenze zwischen Anbietern und Anwendern von Informationstechnik in dem Maße, in dem Software, Chips und Netz Bestandteil des Produktangebots werden. Jede Organisation, jede Branche ist ihr eigener digitaler Mittelpunkt, ihr eigener „Digital Hub“.

Ein Digitalverband mit Alleinvertretungsanspruch müsste also über das klassische Kastendenken hinausgehen und jeden digitalen Player in seine Reihen aufnehmen und in seine Lobbyarbeit einbeziehen. Das wäre das Ende des Spartenverbands und der Beginn eines „Bundesverbands der digitalen Industrie“. Aber den BDI gibt es schon. Er muss nicht noch einmal erfunden werden. Und es gibt auch die Digital Hubs schon, die auf Initiative des Bitkom auf dem Digital-Gipfel beschlossen und inzwischen an zahlreichen Standorten mit Branchenschwerpunkten umgesetzt worden sind. Unter der Führung eines Digitalverbands sind die Digital Hubs der Lösungsweg für eine generelle Vertretung digitaler Interessen, weil sie die vertikale Branchenausrichtung mit der horizontalen Sicht auf die Querschnittstechnologie Digitalisierung verbinden.

Das alles wird der neue Bitkom-Präsident Achim Berg in seiner Dokumentenmappe vorfinden, wenn er jetzt eine Woche nach seiner Wahl die Arbeit aufnimmt. Er muss das Profil des Verbands schärfen und gleichzeitig über die ganze Bandbreite der Digitalisierung ausweiten, ohne es aufzuweichen. Und da ist es durchaus ein Glücksfall, dass mit Achim Berg ein Mann an der Spitze des Bitkom steht, der mehrfach Schreibtisch, Branche und damit Perspektive gewechselt hat: von der Bürokommunikation über Telekommunikation zur Software und schließlich über die Dienstleistung zu Private Equity.

Dabei ist es auffällig, dass diese Selbstfindung im Bitkom durch die Repositionierung der CeBIT gespiegelt wird. Auch in Hannover gilt es, das Profil der Sparten-Messe für „Bürokommunikation, Informationsverarbeitung und Telekommunikation“ – dafür stand das CeBIT-Kürzel schließlich einmal – gegenüber der Industrie-Messe zu behaupten. Denn auch dort zeigt sich, dass die Digitalisierung das klassische Kastendenken aufgehoben hat und in jeder Halle und in jedem Außengelände zu besichtigen ist.

So lösen sich unter der Digitalisierung auch die klassischen Verbands-Kasten auf: die Automobilhersteller im VDA, die Maschinenbauer im VDMA, die Elektroniker im ZVEI, die Mittelständler im BVMW oder die eCommerce-Treibenden im eco und die Startups im BVDS – sie alle „machen in Digitalisierung“. So vielfältig die Ressortzuteilung in der Bundesregierung, so variantenreich ist die Interessensvertretung in den Verbänden. Ein Digitalverband muss die Partikularinteressen der einzelnen Verbands-Kasten bündeln, kanalisieren und steuern. Da wartet ein Berg an Arbeit.

 

Sommer, Sonne, CeBIT

30 Jahre lang war die CeBIT das Vorspiel zur Hannover-Messe Industrie – ab dem kommenden Jahr wird sie das Nachspiel sein: im Juni. Genau genommen wird sie aber gar keine Messe mehr im klassischen Stil sein, sondern als Event mit Shows, Konferenzen, Konzerten, Freiluftprogrammen, Talkrunden und viel Publikum aufgeführt. In einer hippen, smarten, vernetzten, verteilten und teilenden Gesellschaft ist das wahrscheinlich genau das richtige Format für das angesagteste Thema dieser Welt: die Digitalisierung.
In der Tat dürften die Zeiten vorbei sein, in denen ausschließlich krawattengeschmückte Herren im kleinen Grauen sich um Monitore scharen, um sich die Eigenschaften von Software und Services anhand von gut durchdachten Geschäftsprozessen demonstrieren zu lassen. Die Digitalisierung ist in ihren Auswirkungen viel weniger abstrakt, als es die klassischen Systeme der Bürokommunikation und Unternehmensführung stets waren. Die traditionellen Präsentationsmethoden aber haben sich überlebt – sie schaffen eine surreale Atmosphäre, deren Sterilität nichts mit dem wirklichen Leben verbindet. Der jetzt geplante Event-Charakter dürfte da viel mehr Lebensnähe vermitteln. Schon heute sieht man auf dem Außengelände der CeBIT Ansätze für mehr Realitätsbezug: Drohnen fliegen und autonom fahrende Shuttle rollen über die Messestraßen.
Im Sommer des kommenden Jahres soll dann das Freigelände noch intensiver genutzt werden, um die Digitalisierung des gesellschaftlichen Lebens in allen seinen Facetten erfahrbar und erlebbar zu machen. Wir können damit rechnen, dass die Autobauer die Chance nutzen werden, ihre „Auto-Autos“ im wirklichkeitsnahen Umfeld zu präsentieren. Und auch erste Ein-Mann-Copter werden mehr Platz brauchen, um ihre Flugsicherheit zu demonstrieren. Weitere Präsentationen mit Event-Charakter sind denkbar: Smart Homes, vernetzte Städte, Licht- und Soundshows…
Ohnehin schwärmt jeder Hannoveraner vom Sommer 2000, als die Expo diese steife Landeshauptstadt in eine Weltstadt mit Flair verwandelt hatte. Die Deutsche Messe hat die Chance, dieses Gefühl Hannover und der Welt wieder zurückzugeben. Deshalb wird die CeBIT auch näher an das Expo-Gelände mit seiner Holzbühne als Mittelpunkt rücken.
Aber was geschieht mit dem Messeplatz, der jetzt im Vorfrühling frei wird? Es ist ein durchaus interessanter Timeslot für Messeplaner – wenn auch nicht unbedingt für die Digitalisierung. Die CeBIT hatte an dieser zeitlichen Position schon länger ihre Wirkung als Stimmungsmesse für das Jahr längst verloren. Nach der Computer Electronics Show in Las Vegas, dem Mobile World Congress in Barcelona und der SXSW in Austin, Texas war die CeBIT im Zeitverlauf auf einen undankbaren vierten Platz abgerutscht. Und da auch der Genfer Autosalon immer mehr digitale Themen aufgreift und zudem in München, Köln, Frankfurt und Berlin jede Menge Kleinmessen um digitale Spezialthemen vorgeschaltet werden, hatte die CeBIT ihre Singularität verloren.
Sie wird sie nicht dadurch zurückgewinnen, dass sie an einen anderen Standort im Jahr ausweicht. Aber sie hat die Chance, wieder zu alter Einzigartigkeit zurückzukehren, wenn es gelingt, die angedachten Event-Formate wirklich zum Leben zu erwecken. Freilich droht auch dort unliebsame Konkurrenz: So gehen die Betreiber von Freizeitparks, Kongresszentren und der Sportarenen immer häufiger hin und ergänzen ihren Veranstaltungskalender um messeähnliche Formate. Die Entscheidung der Deutschen Messe, hier völlig neu aufzusetzen und mit den drei Themenbereichen Tech, Talk und Economy alle Facetten abzugreifen, ist also auch der mutige Versuch, hier wieder an die Spitze der Bewegung zu gelangen. Zu diesem Mut muss man dem CeBIT-Chef Oliver Frese gratulieren – denn offensichtlich herrscht unter den Ausstellern nicht einmütige Freude über den Formatwechsel. Das kann nur der Erfolg ändern: „With a little help from my friends“ – so kann die CeBIT, ja muss sie das Woodstock der Digitalisierung werden. Dem Kultcharakter eines digitalen Festivals würde dann vielleicht noch nicht einmal Dauerregen schaden.

Zehn Millionen Tropfen auf den heißen Markt

Guter Rat, sagt man, ist teuer. Aber gutes Geld ist rar. Das gilt vor allem für Startups. Und das gilt vor allem für Venture Capital. Wo in Deutschland Millionen bereitgestellt werden, stehen in den USA Milliarden zur Verfügung. Die enge Verzahnung zwischen Wall Street und Silicon Valley hat hierzulande kein Pendant. Aber es tut sich was.

Denn immer mehr DAX-Unternehmen legen selbst Risikokapital auf, um mit der Unterstützung von Startups eine Wette auf die Zukunft zu machen. Dabei sind die Quoten für die eingegangenen Wetten gar nicht einmal so schlecht. Denn während einerseits Startups mit einer Geschäftsidee an den Markt gehen, deren Nachhaltigkeit in der Regel noch unbewiesen ist, bringen sie andererseits den etablierten Unternehmen in den Kooperationen neue Werte bei: Risikobereitschaft, Andersdenken, Agilität. Das ist deutlich mehr als der vielbeschworene Wegfall des Krawattenzwangs in den Chefetagen des DAX.

So unterhalten praktisch alle großen Autobauer und ihre Zulieferer Fonds und Unterstützungsprogramme, um Startups möglichst frühzeitig an sich zu binden. Ziel ist es für sie, im explosionsartig sich ausweitenden Markt für Mobilitätsdienstleistungen neue und vielversprechende Entwicklungen möglichst frühzeitig an sich zu binden. Ein bisschen gesunde Paranoia ist freilich auch dabei: denn hinter jedem Startup steckt das Potential zum Wettbewerber.

Kein Wunder also, wenn auch hier auf der CeBIT das Thema Kooperation zwischen Alteingesessenen und Newcomern ganz oben auf der Agenda steht. Auf der Startup-Sondershow Scale11 sind weniger die potenziellen Kunden im Zentrum der Begierde, sondern die potenziellen Partner für Zusammenarbeit entweder im Projekt oder in der Finanzierung. Deshalb gehören die fünf Pitch-Events mit Partner-Unternehmen der Deutschen Messe auch zu den Höhepunkten der Startup-CeBIT. Und weil nicht jede Idee zum Erfolg führt, gibt´s die Fuckup-Night, in der in sieben Minuten und zehn Slides das Schicksal gescheiterter Projekte beschrieben wird.

An Ideen freilich fehlt es nicht – und auch nicht an guten Ratschlägen. Es ist das Geld, Stupid. Das sieht auch die Deutsche Telekom so, die deshalb zur CeBIT ein Zehn-Millionen-Euro-Programm aufgelegt hat, in dem übers Jahr rund 100 Startups mit jeweils 100.000 Euro ausgestattet werden sollen. Das TechBoost genannte Programm dürfte schon am letzten CeBIT-Tag genügend Bewerber eingefangen haben, über deren Finanzierung dann in den kommenden Monaten entschieden wird.

Ganz außen vor sind die Kunden dabei aber nicht: die Telekom will die besten Ideen über ihr Geschäftskunden-Netzwerk auch direkt oder indirekt an den Mittelstand vermarkten. Diese Zielgruppe liegt in der Tat für viele Startups außerhalb der Reichweite – denn noch sind es vor allem die globalen Unternehmen, die offensiv den Zugang zur Startup-Szene suchen. Der klassische Schwarzwälder Betrieb lässt sich da lieber noch entdecken. Dabei will die Telekom helfen.

Nicht ohne Eigennutz – aber das ist legitim. Denn jede Cloud-Lösung braucht auch einen Cloud Provider, jede mobile Anwendung einen Telekom-Anbieter. Dass dabei erfolgreich Zukunftsmärkte angegangen werden, zeigen die Partnerschaften, die die Telekom schon zum Erfolg geführt hat. Als sichtbares Zeichen der Marketing- und Vertriebsunterstützung hat die Telekom Startups als Unteraussteller auf ihren Großstand auf der CeBIT geholt. Lösungen für den Point of Sale im Einzelhandel, mobile Betriebsmittelverwaltung mit RFID oder Innenraumvermessung sind allesamt Beispiele für mobile, vernetzte Industrieanwendungen. NavVis zum Beispiel ist ein Spin-off der Münchner Technischen Universität, das dabei hilft, das Innere von Gebäuden mit Laserscannern zu vermessen und gleichzeitig Rundum-Fotografien zu erzeugen. Dass diese Technologie im großen Stil gerade auch zur Verfeinerung von Straßenkarten fürs autonome Fahren benötigt wird, ist ein hübscher Zufall.

Beispiele dieser Art soll es nun in den kommenden Monaten hundertfach geben. Dabei ist klar, dass zehn Millionen Euro eine bemerkenswerte Ansage sind, beim Bedarf an Startup-Finanzierung aber insgesamt doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Bei allem Engagement von globalen Unternehmen, Venture Capitalists, Förderbanken und kommunalen Wirtschaftsförderern – die Startup-Finanzierung steckt noch immer im Provinziellen fest. Wir brauchen einen VCBoost.